Julius Evola - Ьber die metaphysische Begrьndung des Rassegedankens
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Julius Evola
UBER DIE METAPHYSISCHE BEGRЬNDUNG DES RASSEGEDANKENS
Hat man die zahlreichen Einwendungen widerlegt, die von einem intellektualisierenden Standpunkt
aus gegen den Rassegedanken erhoben werden, so pflegt zumeist eine
ьbrigzubleiben, die ebenso hartnдckig vorgebracht wird, wie ihre Klдrung
entscheidend fьr dieses Problem ist. Es kann nдmlich gefragt werden: Gut,
alles, was Sie behaupten, ist richtig - welche Schuld trдgt aber letzten
Endes ein Mensch daran, daЯ er in eine bestimmte Rasse statt in eine
andere hineingeboren wurde? Ist vielleicht er dafьr verantwortlich, daЯ
seine Elten und Ahnen Arier, Juden, Neger oder Rothдute sind? Hat er das
etwa gewollt? Mit Ihren, Rassegedanken verharren Sie auf einem bloЯ
naturalistischen Standpunkt. Sie machen aus einer lediglich natьrlichen
Gegebenheit ein Schicksal, bauen darauf ein System und ьbersehen darьber
jene Werte, bei denen die menschliche Verantwortung wirklich ins Spiel
kommen kann.
Dies ist gewissermaЯen die ultima ratio der Gegner
des Rassegedankens. Wir geben gerne zu, daЯ es sich hier nicht um einen
erklьgelten, sondern um einen ernsten Einwurf handelt. Ihn ins Auge
fassen, heiЯt das Problem der Geburt aufwerfen. Von einem hцheren,
geistigen Standpunkt aus betrachtet ist die Rechtfertigung des
Rassegedankens vom Problem der Geburt und seiner Lцsung nicht zu
trennen. Es kann in unserer Systematik nicht umgangen werden.
Klarheit
und Orientierung in dieser Frage zu gewinnen, ist jedoch sehr schwer,
solange wir von den nach der Heraufkunft des Christentums im Abendlande
vorherrschenden Anschauungen ausgehen. Es ist dies auch nur folgerichtig:
Rasse und Ьberrasse, Ariertum und Ahnenerbe usw. sind Begriffe, die ihrem
Wesen nach der Gedankenwelt vorchristlicher indogermanischer Traditionen
zugehцren. In ihrem Bereich muЯ daher die Lцsung der Fragen gesucht
werden, die die heutige Wiederaufnahme jener Begriffe mit sich bringt.
Jede auf spдteren Welt- und Lebensauffassungen fuЯende Betrachtung kann
uns nur mangelhafte und oft unangemessene Gesichtspunkte liefern.
Kein
Wunder also, daЯ im Rahmen des christlichen Weltbildes die Erцrterung etwa
des Problems der Geburt nicht weiterkommt. Aus Grьnden, die nicht
willkьrlich sind, hier indes nicht dargelegt werden kцnnen, muЯte die
Kirche den von den vorhergegangenen Ьberlieferungen anerkannten
Prдexistenzgedanken ablehnen: die Lehre nдmlich, daЯ die
menschliche Seele schon vor der Geburt als selbstдndiges Wesen bestehe. In
der christlichen Theologie liegen die Dinge gewiЯ nicht so einfach, wie
diese glatte Ablehnung es vermuten lassen kцnnte. Nichtsdestoweniger ist
es eine grundlegende christliche Auffassung, daЯ jede Menschenseele als
eine einmalige Seele von Gott aus dem Nichts in dem Augenblick erschaffen
sei, aIs sie in den ihr entsprechenden Leib hineingeboren wird. Die Frage,
warum ein Mensch dieser und nicht einer anderen Rasse zugehцrt, wird so zu
einem theologischen Geheimnis: ,,Gott hat es so gewollt" - und man ist in
der Regel der Meinung, der gцttliche Wille sei unergrьndlich. Die
evangelisch betonte Prдdestinationalehre kompliziert nur das Problem: von
aller Ewigkeit her - also ьbergeschichtlich - ist jeder Mensch im Geiste
Gottes vorbestimmt, zu sein, wie er im irdischen Dasein erscheinen
wird.
Die altarische Auffassung ist eine grundsдtzlich andere, und nur
sie ermцglicht es, der angedeuteten Einwendung zu begegnen. Nach dieser
Auffassung ist die Geburt weder ein naturbedingter Zufall noch ein
gottgewolltes Fatum. Aber nicht nur das: die Treue gegenьber der eigenen
Natur bedeutet hier keine Passivitдt mehr, sondern das BewuЯtsein eines
tiefen Zusammenhanges unserer selbst mit einem Transzendentalen und
Ьberirdischen, so daЯ sie ,erlцsend" zu wirken vermag.
Diese Andeutung
darf uns aber nicht dazu fьhren, die in Frage stehende Lehre mit dem
Reinkarnationsgedanken zu verwechseln. Der Gedanke der Reinkarnation ist
entweder eine artfremde, mit unarischen, wesentlich
mutterrechtlich-telluriscb bestimmten Kulturkreisen aufs engste verbundene
Auffassung, oder er ist die Folge von MiЯverstдndnissen und Entstellungen
traditionsgebundener Lehren, wie sie in gewissen neuzeitlichen
theosophiscben Kreisen zu beobachten sind. Fьr das hier zu erцrternde
Problem kommt nur die ansehe Lehre in Betracht, der gemдЯ der Mensch die
raum- und zeitbedingte Erscheinung eines Prinzips ist, das vor seiner
Geburt und natьrlich auch vor der Empfдngnis da war und das mit dieser
menschlichen Erscheinung in Kausalbeziebung steht.
Das damit sich
erschlieЯende Gebiet ist gewiЯ nicht leicht zu erforschen. Die fьr unser
irdisches Dasein geprдgten Ausdrьcke finden in ihm nur eine sehr geringe
Anwendbarkeit. Da zum Beispiel alle Zeitbegriffe sich nur auf das
menschliche Dasein beziehen, so sollte man streng genommen nicht einmal
von einem Vorher-bestehen reden, und auch von Kausalitдt bzw.
Ursдchlichkeit dьrfte hier nur in einem ganz besonderen Sinne gesprochen
werden. Jenes Prinzip, das die menschliche Erscheinung bestimmt, ist
dasselbe "Ich", und ist doch nicht dasselbe; es ist nicht das einfache,
kцrperbedingte Ich, obwohl es mit ihm gleichsam vermischt oder verwoben
erscheint, und es besteht vor dem Leben eines bestimmten Menschen wie auch
wдhrend und jenseits dieses Lebens, weil das "vor" hier nicht zeitlich
aufzufassen ist. Statt mit logischen Begriffen wird man sich daher besser
mit Analogien behelfen. Dem Wesen nach ist jede Darstellung
traditionsgebundener Lehren symbolisch, auch wenn sie fьr den Laien einen
rationalen Charakter zu tragen scheint.
Zur Klдrung der uns
beschдftigenden Idee ist zweckmдЯig von einer doppelten Erbmasse zu
sprechen. Was zeitlich nicht transzendental dem einzelnen vorbergeht, ist
das Erbe der Eltern, der Sippe, der Rasse, einer gewissen Kultur usw.,
also ungefдhr das, was gewцhnlich unter ,,Erbmasse" verstanden wird. Dies
alles aber ist weit davon entfernt, wie Materialismus und Historizismus
lehren, die geistige Wirklichkeit des einzelnen zu erschцpfen. Die
geschichtlich-biologiscbe Erbschaft sammelt und ordnet in einem Lebewesen
Krдfte und Veranlagungen, die nur dann auserwдhlt und ьbernommen werden,
wenn durch sie gleichsam eine transzendentale Erbschaft zum analogen
Ausdruck kommen kann. Zwei Erbmassen treffen und flieЯen dann zusammen,
irdisch, geschichtlich, naturwissenschaftlich feststellbar die eine,
transzendental die andere, und der Mensch wird auf diese Weise aus einem
biologischen Gebilde zu einem Symbol. Die Verbindung der beiden
Komponenten erfolgt durch ein Ereignis, das in den altarischen
Ьberlieferungen verschiedenen Sinnbildern entspricht und das hier nicht
Gegenstand nдherer Betrachtungen sein kann. Im Grunde handelt es sich
dabei um eine Art von Wahlverwandtschaft. Danach darf zum Beispiel nicht
gesagt werden, daЯ man Frau oder Mann ist, weil man so - zufдllig oder aus
Gottes Willen - geboren wurde, sondern umgekehrt, daЯ man so geboren
wurde, weil man schon "Frau" oder "Mann" war. Nach Art einer Analogie wird
man in diesem Zusammenhang von einer transzendentalen Neigung oder
Tathandlung sprechen kцnnen, die wir mangels angemessener Begriffe nur auf
Grund ihrer sichtbaren und wahrnehmbaren Folgen zu erahnen vermцgen. Es
schneiden sich gewissermaЯen eine horizontale und eine senkrechte Linie
der irdischen und nichtirdischen Erbmasse. In ihrem Schnittpunkt erfolgt,
nach der in Frage stehenden Lehre, die Geburt bzw. die Empfдngnis eines
neuen Wesens, seine Verleiblichung.
Was fьr die Geschlechter gilt, gilt
selbstverstдndlich auch fьr Rasse, Kaste, Volkstum und дhnliches. Rasse
und Kaste existieren also im Geist, bevor sie durch die menschliche Geburt
verleiblicht und zum irdischen Schicksal werden. Die Verschiedenartigkeit
hat "oben" ihren Ursprung - was sich an ihr auf Erden erkennen lдЯt, ist
nur Widerspiegelung und Symbol. Wie man auf Grund ureigener Natur wurde
oder nach eigenem transzendentalen EntschluЯ sein wollte, so ist man. Dies
ist im Kerne die indo-arische Lehre des Karma, die auch der
klassischen Antike bekannt war; so heiЯt es zum Beispiel bei Plotin (III,
III, 17): "Der allgemeine Plan ist einer; aber er teilt sich in ungleiche
Teile auf, so daЯ in dem Ganzen unterschiedliche Plдtze sind; und die
Seelen, ungleich auch sie, nehmen Wohnung an den unterschiedlichen Orten,
die sich mit ihrem eigenen Unterschied begegnen. Damit stimmt alles
ьberein, und der Unterschied entspricht der Ungleichheit der Seelen." Mit
einem Wort ausgedrьckt, bestimmt also nicht die Geburt die Natur, sondern
umgekehrt die Natur die Geburt.
Aus dieser Lehre zog im arischen
Morgenlande der Kastengedanke, als die hцchste Steigerung des
Rassegedankens, seine logische und metaphysische Rechtfertigung. Auf ihr
beruht der Begriff des sogenannten Dharma, der etwa folgendermaЯen
gekennzeichnet werden mag: Uns selbst gegenьber stehen wir gleichsam vor
einer mathematischen Gleichung, von der uns nur ein Glied gegeben ist;
insofern nдmlich, als uns nur die menschlich bestimmte Erscheinung und
ihre geschichtlich-biologische Erbmasse bekannt ist; welche vorgeburtliche
Entsprechung ihr eignet, von welcher Wesenheit und welchem Willen sie
Folge und Ausdruck ist, kцnnen wir nicht unmittelbar erfahren, sondern nur
mittelbar, induktiv und analogisch ahnen, indem wir die ,,Folge" ergrьnden
und uns von ihr zur Ursache zurьcktasten. Daraus erhellt der letzte Sinn
des apollinischen Gebotes ,,Erkenne dich selbst", welches das: ,,Sei du
selbst" zum Gegenstьck hat. Aus dem dunklen, aber sicheren Gefьhl, daЯ die
Geburt kein Zufall ist, daЯ wir hier so sind, wie wir sein wollten, leitet
sich der Grundsatz her, treu gegenьber der eigenen Natur zu sein, der
eigenen Natur gemдЯ zu handeln, sie zu entwickeln und zu vollenden. Im
besonderen gebietet natьrlich das Dharma auch die Treue gegenьber
dem eigenen Blut, der eigenen Kaste, der eigenen Rasse des Kцrpers und des
Geistes und die Bekдmpfung jeder Mischung, Entstellung und Verwirrung. In
diesem Sinne heiЯt es: "Durch die Erfьllung der eigenen Natur - des
Dharma - wie immer sie auch beschaffen sein mag, erlangt man das
Gцttliche; wer statt dessen die eigene Natur mit der eines anderen
vertauscht, der verurteilt sich zur Hцlle." GewiЯ, vieles kann
"konstruiert" werden, der eigenen Willkьr bleibt stets ein gewisser
Spielraum, sofern man sich auf das abstrakte menschliche Individuum
beschrдnkt, das jede Erinnerung an das "Vorher" verloren hat und dazu
bestimmt ist, bei Auflцsung seiner Grundlage, das heiЯt der
psychisch-organischen, leibbedingten Einheit nur einen Schatten zu
hinterlassen. Jede "Konstruktion" ist aber vom hцheren Standpunkt aus - im
BewuЯtsein also dessen, was der zerfallende Organismus ins Nichts
(,,Hцlle", Nifiheim, Hades, pitryana, das heiЯt Weg der Auflцsung
in den ,,Dдmon" des Stammes) mitnehmen kann, wertlos, wenn sie ein
,,Anders-sein-Wollen" bedeutet, wenn sie nicht den tieferen Willen
fortsetzt, der die Ursache einer bestimmten Geburt ist und der nicht so
einfach durch einen momentanen und willkьrlichen, an einem bestimmten
Punkte des irdischen Daseins gefaЯten EntschluЯ verdrдngt werden kann.
Verwirklicht dagegen der einzelne seine eigene Natur, so bringt er seinen
menschlichen, in sich vergдnglichen Willen mit dem entsprechenden
ьbermenschlichen Willen in Einklang, er "erinnert" sich, stellt eine
Verbindung mit einem Prinzip wieder her, welches, indem es jenseits der
Geburt steht, auch ьber den Tod und alle zeitliche Bedingtheit
hinausweist; deshalb wird nach altarischer Auffassung das Dharma
mit dem "Gцttlichen" in Zusammenhang gebracht. Dharma - Eigennatur,
Pflicht, Treue, Blut-, Rassen- und Kastengebundenheit - verbindet sich
dabei mit dem Gefьhl, von fern hierher gekommen zu sein, und
bedeutet daher nicht Beschrдnkung, sondern Befreiung. Auf diese
traditionsgehundene Weltanschauung zurьckgefьhrt, erhalten auch die
Hauptmotive der Rassenlehre eine transzendente und geistige Bestдtigung,
und jene auf die Geburt als Zufall oder Schicksal sich berufende
Einwendung verliert ihren Sinn.
Allenfalls bleibt noch folgendes dazu
zu sagen: erstens, daЯ im Leben die Ausgliederung der Typen praktisch
nicht so weit gehe, daЯ der Dharma-Grundsatz immer Bestдtigung
finden kцnnte; und zweitens, daЯ er keine Erklдrung dafьr liefere, warum
gewisse menschliche Typen als zerspalten und mit tiefen Gegensдtzen
belastet erscheinen, so daЯ nicht jedermann "seinen eigenen Typus"
darstellen kцnne und sich nicht immer bei sich "zu Hause" fьhle. Zur
Ьberwindung dieser letzten Schwierigkeiten mцgen noch einige Worte
hinzugefьgt sein.
Auch hier wollen wir von dem Gedanken ausgehen, daЯ
alles hier Erscheinende die Widerspiegelung eines anderswo Seienden
bedeutet. Die Menschen sind ungleich nicht nur als Rassetypen, sondern
auch insofern, als nicht alle gleich einheitlich und "aus einem GuЯ" sind.
Es gibt Hysteriker, Deplacierte, Leute, die nicht wissen, was sie
eigentlich wollen. Diese Fдlle sind teilweise aus der schon angedeuteten,
nach altarischer Auffassung in die"Hцlle" fьhrenden Willkьr zu erklдren,
teilweise aber aus der Annahme entsprechender vorgeburtlicher Zustдnde.
Neben dem zentralen, wesensbestimmenden Willen zur Verkцrperung kцnnen
auch andere, schwдchere Krдfte mitgewirkt haben. Der zentrale Wille ist
natьrlich der entscheidende, und ihm entsprechen in der
menschlich-irdischen Erscheinung die Zьge, die mehr als alle anderen
schicksalhaft und unverrьckbar anmuten, also alles, was mit der physischen
und biologischen Rasse und der stofflichen und naturbedingten Gegebenheit
zusammenhдngt. Was die anderen, schwдcheren Krдfte - Krдfte also, die in
dieser Hinsicht nicht ausschlaggebend sein konnten anbelangt, so werden
sie sozusagen mitgerissen; ihr Ausdrucksfeld kann nur das Seelische, das
GefьhlsmдЯige, das Willkьrliche, das Ideale sein, - ein Gebiet, das
grundsдtzlich nicht so eindeutig und so fest bestimmt ist wie das des
Kцrperlichen und Rassischen.
Die Fдlle, wo sozusagen die "Rasse der
Seele" und die "innere Berufung" mit der Rasse des Blutes nicht
ьbereinstimmen, sind metaphysisch aus diesen Zusammenhдngen heraus zu
erklдren. Je mehr jene schwдcheren Krдfte von der Hauptrichtung abweichen,
desto widerspruchsvoller werden die dementsprechenden Erscheinungen sein:
folgerichtig und symbolhaft werden Menschen vor uns stehen, bei denen das
Physische mit dem Seelischen, das Geistige mit dem Kцrperlichen oder
Seelischen, die Berufung mit der Rasse, das Individuelle mit dem
Sippenbedingten usw. nicht im Einklang stehen.
In solchen Fдllen
erweist der arische Dharma-Grundsatz noch deutlicher seine aktive,
ethisch-schцpferische Beschaffenheit. Er enthдlt die Forderung nach
,,klassischer" Gestaltung. Die verschiedenen auseinanderlaufenden und
widerstrebenden Elemente dieser von Natur aus schwankenden Erscheinungen
sollen einem einzigen ehernen Gesetz unterworfen werden, auf Grund einer
hцchsten Entscheidung, die vor dem Ernstfall nicht versagen darf. Die
Verherrlichung der "romantischen", "tragischen", "zerrissenen" und
"faustischen" Seele gilt dann als lдcherlich und als Symptom einer
krankhaften Kultur. Ruhe, Stil, Klarheit, Herrschaft, Zucht, Macht und
olympischer Geist sollen Bezugspunkte fьr jede Lebensgestaltung in
arischem Sinne sein.
Ist aber in der Welt der Ursachen und der
metaphysischen Sinngehalte das Vorhandensein ungleich einheitlicher Wesen
und Berufungen anzunehmen, so ist auch zu bedenken, daЯ nicht jede Kultur
und jedes Zeitalter den verschiedenen "Rassen des Geistes" die gleichen
Ausdrucks- und Verleiblichungsmцglichkeiten darbieten. Wie wir bereits
sahen, mьssen immer zwei Erbmassen in Betracht gezogen werden; die
irdisch-geschichtliche Erbmasse formt ein Gebilde, das sowohl das
Biologische wie die seelische Veranlagung, eine Tradition und gelegentlich
auch eine Kaste, einen zeit- und raumbedingten Ort usw. in sich schlieЯt.
Nun gibt es Kulturen, wo all dies "in Ordnung" ist: wo das Leben
normalerweise sich in hцchster Einheit und organischer Gebundenheit aller
dieser Elemente der "horizontalen" Erbmasse abspielt. Andere Kulturen
haben sich dagegen zum Individualismus, zu Anarchie, Zerstцrung jeder
durch Rasse, Blut, Kaste, Tradition und Volkstum bedingten
Unterschiedlichkeit und Begrenzung bekannt. Aus dem hinsichtlich der
"Wahlverwandtschaft" schon Gesagten geht deutlich hervor, daЯ die Kulturen
des ersteren Typus diejenigen sind, die, indem sie die geeigneten Zustдnde
und Ausdrucksmцglichkeiten bieten, einheitliche Wesen und reine,
entschlossene Krдfte anziehen und zur sinnbedingten Erscheinung fцrdern
werden. Die Kulturen des zweiten, das heiЯt des chaotischen Typus, werden
dagegen aus demselben Grunde zu einem "geometrischen Ort" oder Treffpunkt
auf Erden fьr jeden - wenn dies Wort erlaub ist - "transzendentalen
Hysteriker". Sollten dennoch in diesen Kulturen normale, an sich
einheitliche Wesen geboren werden, so werden sie sich in ihnen kaum an
ihrem Platz finden und dazu verurteilt sein, unerhцrte Krдfte zu
vergeuden, um den Gegensдtzen zwischen Seelischem und Kцrperlichem, Rasse
und Charakter, innerer Wьrde, Rang usw. standzuhalten, Gegensдtzen, die
diesen Kulturen eigentьmlich sind und sie zur natьrlichen Heimat fьr die
Erscheinung zerrissener und verworrener Krдfte in menschlicher Gestalt
machen.
Wir brauchen die Bedeutung nicht zu betonen, die diese letzten
Betrachtungen, obwohl sie der gewцhnlichen Denkungsart des modernen
Menschen sicher nicht so gelдufig sind, fьr den Rassegedanken wie fьr
дhnliche Lehren besitzen. Wenn ein tausendjдhriges Schicksal das Abendland
in Zustдnde gebracht hat, wo es schwerfдllt, etwas wirklich Reines,
Behьtetes, Ungemischtes, Traditionagebundenes zu finden, so ist die
Herstellung neuer, fester Grenzen ein Werk, dessen segensvolle Wirkungen
heute zwar nicht unmittelbar greifbar sein kцnnen, sich jedoch zweifellos
in den nдchsten Generationen auf den geheimen Wegen erweisen werden, die
das Sichtbare mit dem Unsichtbaren, die Welt mit der Ьberwelt verbinden.
(aus: Europдische Revue, XVI, 3/1940, S. 140ff)